Wieder in Lujiazui schlenderte ich die Century Avenue (世纪大道) in der Abenddämmerung entlang. Ein achtspurige Straße, die in einem riesigen Kreisverkehr beim Oriental Pearl Tower endet. Dimensionen typisch für die Pudong New Development Area. Hier reihen sich die glitzernden und hell erleuchteten Glasfassaden aneinander und teure Läden – und Straßenhändler – buhlen um die Gunst der Käufer. Und trotz exorbitant breiter Gehwege muss man sich auch hier, wie überall in Shanghai, vor den Motorrollern in Acht nehmen! 😉 Mein Ziel auf der Century Avenue war das Gebäude mit der Nummer 88, der Jin Mao Tower.
Maglev (Transrapid – 上海磁浮示范运营线)
Vom Oriental Pearl Tower ging es dann mit der Metro bis zur Longyang Road Station. Hier befindet sich die städtische Haltestelle des Transrapid, in China besser bekannt als Maglev (上海磁浮示范运营线) oder Xinhu Pearl. Was die dämlichen Deutschen nicht fertigbringen – fahrt doch mal vom Flughafen München zum Hauptbahnhof! – wurde in China im Dreischichtbetrieb von 10.000 Arbeitern in nur 22 Monaten fertiggestellt. Für 80 Yuan für Hin- & Rückfahrt kann man die 30 Kilometer zwischen dem Pudong International Airport und der Longyang Station in knapp 8 Minuten überbrücken. Maximalgeschwindigkeit von 431km/h inklusive. Die Vibrationen während der Fahrt sind dann auch nicht technisch bedingt, sondern entstehen durch Gegen- und Seitenwinde.
Für knapp 50 Sekunden raßt man also über eine langsam im Sumpf versinkende Strecke durch Vorstädte und über Felder. Der Rest der 8-Minuten-Fahrt wird zum Beschleunigen und Abbremsen benötigt. Ein tolles Erlebnis made in Germany – nicht nur für technikbegeisterte Besucher. Der große Durchbruch des Transrapid steht aber noch aus. Das mag wohl auch daran liegen, dass die Transrapid-Trasse nicht ins Stadtzentrum von Shanghai selbst führt, sondern lediglich an die Stadtgrenze von wo aus man dann mit der U-Bahn oder per Taxi (was wohl nicht immer ratsam ist) weiterfahren muss. Da ist ein Taxi direkt vom Flughafen dann halt nur unwesentlich langsamer. Doch ein Ausbau der Strecke vorbei am künftigen Expogelände die hier 2010 stattfindet und weiter nach Hangzhou (ca. 100km), sowie eine Abzweigung zum alten und immer noch für Inlandsflüge genutzten Flughafen Hongqiao ist immer wieder im Gespräch.
Das Shanghai Municipal History Museum befindet sich direkt am Fuß des Oriental Pearl Towers. Die Ausstellung beginnt mit zahlreichen für Shanghai typischen Fortbewegungsmittel. Darunter auch Sänften, diverse Riksha’s und natürlich der berühmt berüchtigte VW Santana. Ein Stockwerk höher geht der Rundgang dann weiter durch diverse Zeitepochen, die Shanghais Aufstieg vom kleinen Piratennest über Baumwollhandel und Flussfährdienste hin zu einer prosperierenden Weltmetropole dokumentieren. Zahlreiche begehbare Modelle und Straßenzüge lassen das alte Shanghai – inklusive Opiumhöhlen und Teehäusern – wieder aufleben. Am Ende gibt es dann noch zahlreiche Modelle von Shanghais bekanntesten Gebäuden und Vierteln.
Oriental Pearl Tower (东方明珠塔)
Der Ausgang des Bund Sightseeing Tunnel befindet sich beim Shanghai International Convention Centre und ist somit nur einen kurzen Fußweg vom Oriental Pearl Tower (东方明珠塔), der „Perle des Ostens“ entfernt. Der 468 Meter hohe Turm ist der höchste Fernsehturm Asiens und zählt mit seinen 11 von Säulen getragenen Kugeln zu den bekanntesten Wahrzeichen Shanghai’s. Als Inspiration dienten den Architekten des 1995 fertiggestellten Turmes – und damals noch einziges höheres Bauwerk in Pudong – angeblich der Berliner Fernsehturm. Rosarot, wie die erhoffte Zukunft, und abends bunt illuminiert zieht der der Pearl Tower jährlich zwei bis drei Millionen Besucher an, die sich den beeindruckenden Ausblick – selbst bei wolkenverhangenem Himmel wie bei mir 🙁 – von einer oder allen der drei Aussichtsplattformen nicht entgehen lassen wollen. Doch vor der Fahrt mit einem der Expresslifte heißt es erstmal das richtige Ticket aus immerhin sieben angebotenen zu erwerben. Ticket A für 100 Yuan gewährt den Zutritt zu allen drei Aussichtsplattformen sowie zu dem am Fuß des Turms befindlichen Shanghai Municipal History Museum. Nach einer ungewohnt strengen Sicherheitskontrolle, inkl. Metalldetektor und durchleuchten der Tasche, heißt es dann je nach Besuchszeit und Andrang erst einmal Warten.
Von der oberen Aussichtsplattform in 350 Metern Höhhe hätte man – klares Wetter vorausgesetzt – einen fantastischen Blick in die Ferne und über Shanghai. Die mittlere Plattform in 263 Metern Höhe gestattet es einem Shanghai etwas genauer zu betrachten, da nicht alles – selbst für Shanghaier Dimensionen – gar so winzig erscheint wie von ganz oben. Die tiefste Aussichtsplattform – immerhin auch noch in 90 Metern Höhe – ist im Gegensatz zu den darüberliegenden nicht verglast, sondern man hat freie Sicht, von der Vergitterung mal abgesehen, auf die zahlreichen Baustellen in Pudong wo neue Hochhäuser wie Pilze in die Höhe schießen oder den Bund auf der gegenüberliegenden Seite des Huangpu.
The Bund Sightseeing Tunnel
Billige Lichteffekte gepaart mit einer seltsamen tonalen Untermalung bietet die Fahrt durch den Bund Sightseeing Tunnel. Die Strecke, knappe 647 Meter, überbrückt man in einer führerlosen Kabine – würde ja auch kein Mensch 8, 10 oder 12 Stunden pro Tag aushalten – in einem Schienensystem made in Europe! Das ganze ist schon wieder so schlecht, dass es schon fast wieder Kultcharakter besitzt, und den Chinesen die mit mir in der Kabine waren scheint es gefallen zu haben! 😎 Ärgerlich nur für diejenigen, die auch noch einen Rückfahrschein erworben haben! So kann man wenigstens behaupten die schnellste Verbindung – wenn man nicht anstehen muss – zwischen Puxi und Pudong genutzt zu haben, für stolze 30 Yuan!