Mit der U-Bahn ging es vom ehemaligen französischen Konzessionsviertel wieder Richtung Huangpu zur Haltestelle Middle Henan Road. Von dort aus begab ich mich wieder zum Bund, wo auf Höhe der East Yan’an Road die Fähre nach Pudong an- und ablegt. Der Anleger befindet sich unterhalb der Uferpromenade und der Fahrpreis von 2 Yuan ist gegenüber den Drehkreuzen an den kleinen Kassenhäuschen zu entrichten. Am besten den Schalter nehmen, wo man keinen gestressten Mitarbeiter aus dem Schlaf reißt 😉 .Der Anleger auf Pudongseite befindet sich leicht südlich des Riverside Park und der gleichnamigen Riverside Promenade. Die neuen Wolkenkratzer im Rücken bietet diese 2,5 Kilometer lange Promenade, die mit Cafes – Starbucks ist natürlich obligatorisch -, Bars und Restaurants gesäumt ist, den besten Ausblick auf den Bund mit seinen altehrwürdigen Gebäuden. Hier wird man im Allgemeinen auch nicht von Touristenherden niedergetrampelt, da der „Andrang“ hier wesentlich geringer ist, als auf der anderen Uferseite. Das mag aber auch an der großzügigeren Planung und Architektur von Pudong liegen, wo ein einzelner schnell untergeht und vierspurige Straßen quasi aus dem Nichts beginnen!
Monat: Oktober 2006
French Concession
Begibt man sich von Xintiandi weiter Richtung Westen gelangt man zum Fuxing Park. Dieser 1909 von den Franzosen angelegte Park diente den Japanern in den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts als Paradeplatz. Heute sieht man im Schatten der Bäume zahlreiche ältere Leute beim Spaziergang oder ihren TaiChi-Übungen sowie zahlreiche Kinder spielen. Und in ihrer Mitte stehen die Büsten von Karl Marx und Friedrich Engels.
Verlässt man den Park ebenfalls wieder in westlicher Richtung gelangt man letztendlich in die von Bäumen gesäumten Alleen mit ihren im europäischen Stil erbauten Häusern in großen Gärten, die die französische Konzession so überhaupt nicht chinesisch aussehen lässt und ihr dadurch einen einzigartigen Charme verleiht.
In der Sinan Road kann man sich Sun Yat-Sen’s ehemaligen Wohnsitz ansehen. Sun Yat-Sen wird als Gründer des modernen China verehrt. War er doch Mitgründer der Kuomintang und der erste provisorische Präsident der Republik China. Seine Frau, Soong Ching-Ling – die Mittlere der der drei einflussreichen Soong-Schwestern, „die die ihr Land liebte“ – lebte nach Sun Yat-Sen’s Tod 1925 noch bis in das Jahr 1937 in diesem Haus. Im Eintrittspreis von 8 Yuan ist auch eine Führung durch das Haus enthalten. Allerdings sind die zu tragenden Stoffüberziehschuhe in Kombination mit den Parkettböden eine gefährliche Mischung! 😉
Das Haus von Zhou Enlai – einem wichtigen Führer der Kommunistischen Partei – befindet sich ebenfalls in der Sinan Road und ist für Besucher geöffnet.
Im Schatten der Bäume schlenderte ich weiter westwärts über die Central Fuxing Road, die Fenyang Road und Taiyuan Road. Hier ist wenig von der Hektik zu spüren, die sonst in ganz Shanghai herrscht und es ist noch möglich mit dem Fahrrad zu fahren, was in den geschäftigeren Gegenden schon fast einem Todeswunsch gleich käme! An der Kreuzung Taojiang Road / Yueyang Road steht eine Statue von Pushkin, die zu dessen Todestag 1937 von Shanghai’s Weiß-Russen errichtet wurde. In der Dongping Road No. 9 ist dann schließlich Chiang Kai-Shek’s Domizil zu bestaunen, der übrigens mit Soong May-Ling, „die die Macht liebte“ – der jüngsten der Soong-Schwestern – verheiratet war. Später wurde das Haus von Mao’s vierter Ehefrau Jiang Qing bewohnt.
In der Hengshan Road nahm ich dann die U-Bahn um Richtung Stadtmitte bis zur South Shaanxi Road (2 Stationen) zu fahren. Richtung Norden auf der South Maoming Road kommt man dann an dem imposanten Okura Garden Hotel Shanghai vorbei. An der Kreuzung zur Changle Road steht das 1931 errichtete Lyceum Theatre. In der South Shaanxi Road No. 30 findet man dann die Moller Villa, die heute ein Hotel beherbergt. In den 30er Jahren von dem Schweden Eric Moller errichtet gehört das Gebäude mit seinen gotischen Türmchen zu den schönsten Gebäuden die in dieser Epoche in Shanghai errichtet wurden. Leider war das Hotel während meines Aufenthalts wegen Umbauarbeiten geschlossen.
Über die North Xiangyang Road gelangte ich dann wieder zur Central Huaihai Road, an der sich ein Kaufhaus an das nächste reiht und auf der man ähnlich wie auf der Nanjing Road permanent angesprochen wird.
Xintiandi (新天地)
Wenn man die romantisierte Atmosphäre des alten Shanghai erleben möchte, dann gibt es nur einen Ort: Xintiandi (新天地).
Xintiandi ist ein komplett renovierter Straßenblock aus engen Gassen und den für das alte Shanghai typischen Shikumen Häusern, die heute hauptsächlich Cafe’s und Restaurants beherbergen und Xintiandi zu einem der gefragtesten Unterhaltungsbezirke Shanghais machen.
Das Shikumen Open House Museum (20 Yuan Eintritt) bietet einen Einblick, wie diese Häuser damals eingerichtet waren, und wie mehrere Generationen einer Familie plus Untermieter Anfang des 20. Jahrhunderts unter einem gemeinsamen Dach gelebt haben. Die liebevolle Ausstattung mit Möbeln, Hausrat und sonstigen Gegenständen dieses 10 Zimmer umfassenden Museums ist sehenswert. Einer weitere Ausstellung im oberen Stockwerk zeigt Bilder aus der damaligen Zeit und schildert anhand von Zahlen und Fakten die Entwicklung dieser speziellen „Steintor“-Häuser.
Ebenfalls in Xintiandi ist für 3 Yuan der heilige Schrein aller chinesischen Kommunisten zu besichtigen: The Site of the 1st National Congress of the CCP. Hier trafen sich 1921 13 Delegierte der kommunistischen Partei Chinas – darunter Mao Zedong – zu ihrem ersten Kongress, um das zentrale Führungsgremium zu wählen und die Gründung der KP zu proklamieren. Zahlreiche Dokumente, Gegenstände und einige Fotografien dokumentieren dieses Ereignis.
Nördlich davon, in der Taicang Road ist unter der Nummer 127 ein altes Steinhaus zu sehen, in dem Mao und weitere Delegierte während des Kongresses – in einem Mädchenschlafsaal – übernachteten.
The Devil rides VW Santana!
Zügiges Fahren ist ja eine Sache, aber was in Shanghai in Punkto Verkehr abgeht spottet jeglicher Beschreibung. Ampeln – insbesondere rote – dienen hier mehr oder weniger nur zur Beleuchtung einer Kreuzung denn zur Regelung des Verkehrsflusses. Der Wechsel von vier Spuren auf einmal ist nicht die Ausnahme sondern die Regel. Vom Rechts überholen ganz zu schweigen. Insbesondere die zahlreichen Taxis, die fast ausnahmslos vom Typ VW Santana sind, stellen den natürlichen Feind eines jeden Fußgängers in Shanghai dar! Zum Artenschutz setzt die Stadt Shanghai Verkehrslotsen ein – teilweise sogar vier bis fünf pro Kreuzung -, die sich bewaffnet mit Trillerpfeife und Warnweste in ihrer grünen Uniform todesmutig in den Verkehr werfen und dabei neben motorisierten Verkehrsteilnehmern genauso Passanten mit Pfiffen zurechtweisen die meinen bereits vor der Grünphase eine Straße überqueren zu müssen. All dies in der Hoffnung den Shanghaiern bis zur Expo 2010 ein Mindestmaß an Verkehrssicherheit beizubringen.
Und nur weil man sich auf einem Fußweg oder Gehsteig befindet heißt dies nicht automatisch, dass einem keine Fahrzeuge mehr entgegen kommen oder von hinten anhupen und/oder an einem vorbeirauschen. Autos sind auf Gehsteigen zwar seltener anzutreffen – zumindest fahrend – allerdings muss man sich immer noch gehörig vor Motorrollern und Fahrrädern in Acht nehmen. Und so dient ein Gehsteig auch nicht als Fußweg sondern in erster Linie als Parkplatz für eben jene Zweiräder – des Öfteren sogar mit „Parkplatz“-Wächter und Einweiser! So ist es auch nicht verwunderlich, dass für manch einen schon eine einfache Luftpumpe die Grundlage für ein eigenes Geschäft ist!
Confucian Temple
Um wieder etwas zur Ruhe zu kommen bietet sich ein Besuch im 1855 errichteten und kürzlich renovierten Confucian Temple in der Wenmiao Road an (Eintritt: 10 Yuan). Rechts neben dem Eingang gibt es einen kleinen aber wunderschönen Garten mit einem Teich in der Mitte, der zum Verweilen einlädt.
In den zahlreichen Hallen des Tempels sind oftmals Ausstellungen zu klassischer chinesischer Kunst und Kultur zu bestaunen. Während meines Besuches gab es hier zahlreiche Holzschnitzereien aus ganz China zu sehen. Immer wieder Sonntag findet hier auch ein beliebter Büchermarkt statt!